Tage der offenen Ateliers 2025

27. und 28. September 2025

Es war für alle ein besonderes Erlebnis: im Atelier Intersein veranstalteten Angelika Ertl, Claudia Junker und Dorothee Eitel eine Werkschau in Verbindung mit einer ungewöhnlichen Aktion:

Die Kunst, (Kunst) zu schenken und zu empfangen

Die drei Künstlerinnen wagten mit ihrem Kulturexperiment einen Ausflug in die Schenk-Kultur jenseits von Markt und Wert.

Alle ausgestellten Arbeiten waren bereit weiterzuziehen – zu Menschen, die sich berühren ließen. Wer wollte, durfte sich ein Werk aussuchen und mitnehmen – einfach so. Ohne Bezahlung. Ohne Gegenleistung.

Zahlreiche Menschen kamen. Viele waren so mutig, sich beschenken zu lassen. Nicht wenige waren berührt von der bedingungslosen Gabe, die ihnen angeboten wurde.

Viele inspirierende Gespräche wurden geführt, die Kaffee- und Kuchen-Runde war in wechselnder Besetzung die ganze Zeit über lebendiges Zentrum des Geschehens.

Auch die Künstlerinnen fühlen sich beschenkt von den berührenden Begegnungen und von der Freude, die entsteht, wenn etwas von Herzen gegeben wird.

Die folgenden Werke sind bei der Aktion in die Welt gegangen:

Die Besucher*innen konnten sich Fragen zum weiteren Nachdenken mitnehmen:

Wem gehört ein Kunstwerk, das verschenkt wurde?

Was passiert, wenn ein Kunstwerk keinen Preis hat? Verliert es dann an Wert – oder bekommt es einen, den wir nicht benennen können?

Was ist ein Geschenk, wenn es nichts zurückfordert? Kann man es empfangen, ohne sich innerlich zu rechtfertigen?

Wie verhalten sich Gabe und Schuld zueinander? Und: Wer hat uns beigebracht, dass wir immer „etwas zurückgeben“ müssen?

Wenn Kunst verschenkt wird – wird sie dann befreit? Oder verliert sie ihren Status?

Ist es noch „Kunst“, wenn niemand dafür bezahlt hat? Oder ist es erst dann wirklich Kunst?

Wie viel Freude dürfen wir empfinden, ohne Gegenleistung? Und warum macht uns das manchmal verlegen?

Warum messen wir den Wert von Kunst am Markt, statt an dem, was sie in uns bewegt?

Wer entscheidet, was „gute Kunst“ ist – und wer bleibt dabei unsichtbar?

Wie viele Werke liegen unbeachtet in Ateliers, weil ihre Schöpfer*innen nicht in den richtigen Kreisen verkehren?

Wieso gilt Kunst als Arbeit, nur wenn sie verkauft wird?

Was macht es mit uns, wenn wir Schönheit nur besitzen wollen, aber nicht in Beziehung zu ihr treten?

Wem gehört Kunst? Dem Schöpfer? Der Käuferin? Dem Museum? Dem Kapital?

Was passiert mit dem Blick, wenn wir gewohnt sind, alles zu bewerten?

Warum fürchten wir, als „naiv“ zu gelten, wenn wir einfach schenken wollen?

Und was sagt es über unsere Zeit aus, dass ein Geschenk misstrauisch macht?

Hintergrund der Aktion:

Kunst ist in unserer Gesellschaft häufig eine hoch gehandelte Ware, mit der nicht selten spekuliert wird. Der Kunstmarkt interessiert sich im Allgemeinen nicht in erster Linie für das Schöpferische in einem Werk, sondern für seine finanzielle Verwertbarkeit. Kunst hat über die Jahrhunderte eine Aura des Erhabenen, museal Unantastbaren bekommen; dabei war sie einmal eine Gemeinschaftsaufgabe, an der alle beteiligt waren. Das zeigen u. a. die Forschungen zu den Höhlenmalereien in Lascaux, Altamira oder Chauvet. Viele traditionelle Gesellschaften haben gar kein Wort für Kunst, da Kunst in ihrem Alltag eine integrale Rolle spielt und nichts Abgehobenes ist.

Geben und Empfangen ist eine Kunst, die wir gemeinsam wieder erinnern durften.